1982 - Das Freibadfest der Schwimmer 

Sie waren legendär: Die Freibadfeste Anfang der 1980er Jahre in Nagold. Nach dem Vorbild von "Spiel ohne Grenzen" absolvierten Teams aberwitzige Wettkämpfe auf dem Wasser. Ein besonders spritziger Teil unserer Serie "Zeitsprünge" zur 175-jährigen Vereinsgeschichte des VfL Nagold.

 

Von Heiko Hofmann

       

Die Schwimmer des VfL Nagold gehörten nie zu den ganz großen Abteilungen des VfL Nagold. Doch ihre Freibadfeste in den 1980er Jahren haben Kultstatus. Höhepunkt des sommerlichen Spektakels: ein heiß umkämpftes Wasserballspiel gegen ein Team der DLRG.

Auf einem Bild aus dem Jahr 1982 erleben die Zuschauer allerdings ein anderes Spektakel. Dicht gedrängt stehen sie in mehreren Reihen am Rand des großen 50 Meter langen Beckens und bestaunen begeistert den "Kampf", der sich da mitten im Wasser abspielt. Zwei Teams stehen sich gegenüber. In einer Wanne steht auf wackligen Beinen der Kämpfer – in Badehose und bewaffnet mit einer an der Spitze gedämpften stumpfen Lanze. Die Wannen werden jeweils von fünf Mitstreitern im Wasser per Wassertreten stabilisiert. Und der Wasser-Ritter rechts scheint soeben den entscheidenden Stoß gesetzt zu haben. Sein Gegenüber sackt gerade ins sich zusammen – und ist auf dem Weg, in das kühle Nass zu fallen.

Ein Fest mit Kultstatus

Es sind Spiele wie diese, die zum Kultstatus des Nagolder Freibadfests beitragen. Eine Art "Spiel ohne Grenzen" stellen in den frühen 1980er Jahren die Nagolder Schwimmer zusammen mit der befreundeten DLRG Jahr für Jahr auf die Beine. Entstanden ist das Fest aus den Stadtmeisterschaften. Spiele wie das Lanzenstechen sind Teil der Jux-Staffel-Wertungen. Unter anderem nehmen verschiedene Abteilungen des VfL Nagold an den Staffeln teil. In wackligen Badewannen gehen sie aufeinander los. Oder sie werden auf großen Styropor-Sänften möglichst schnell über das Wasser getragen. Einmal ist sogar eine Seilbahn vom Sprungturm in Richtung Wasserbecken Teil der Jux-Staffelwertung. Ein andermal eine Riesenrutsche, die vom Sprungturm in das kühle Nass führt. Keine Frage, da ist was geboten. Und die kreativen Spielideen des Nagolder Freibadfestes locken die Scharen in das Bad. So etwas, bekommt man wahrlich nicht alle Tage zu sehen. Geschweige denn in Nagold!

Im Training wird an den Spielen getüftelt

Doch der Kultstatus des Freibadfestes liegt auch in den Vorbereitungen begründet. Denn für die Organisationscrew und die jugendlichen und jungen Erwachsenen Schwimmer sind die Wochen vor dem Freibadfest immer super-spannend. Anstrengende Trainingsabende enden oft früher – schließlich gilt es noch neue Ideen für die Jux-Staffeln auf ihre Tauglichkeit zu überprüfen – zum Beispiel jene, mit überdimensionierten Skiern und Skistöcken über das Wasser zu gleiten – eher eine Schnapsidee übrigens, sehr langsam, und nicht wirklich spektakulär. Als Einzelstaffel nur in abgewandelter Form geeignet. Aber egal, es wird getestet. Und umso näher der Festtermin rückt, desto eifriger sind alle dabei. Abend für Abend, im Nagolder Freibad, da wird getüftelt, gewerkelt und ausprobiert.

Und es wird trainiert! Denn auch das ist Teil der sommerlichen Freibadfeste: Nach den Jux-Staffeln und vor der abendlichen Gemütlichkeit in Hocketse-Manier steht das Wasserballspiel an. So manche Trainingseinheit bei den Nagolder Schwimmern wird da zu Gunsten einer Partie Wasserball abgebrochen. Sehr zur Begeisterung der Schwimmerjugend. Müde geschwommene, rot chlorierte Augen werden da ganz schnell wieder munter. Denn es geht um die Ehre. Wenn die DLRG gegen die VfL-Schwimmer im Wasserball antritt, dann ist das DER sportliche Höhepunkt des Freibadfestes, für manche Schwimmer und Lebensretter sicherlich auch des gesamten Jahres. Ein Spiel der Legenden eben, we "call it" hier ruhig mal "a Klassiker"!

Der Sprint um den ersten Ball

Wer gewonnen hat? Drücken wir es mal so aus: Sowohl die DLRG als auch die Schwimmer gehen im Laufe der Jahre als Sieger aus dem Wasser. Genau Buch geführt hat niemand über Sieg und Niederlage. Nur eins ist sicher: Den Sprint um den ersten Ball gewinnen eigentlich immer die Schwimmer, selbst als zwei DLRG-Schwimmer sich durch einen Startsprung vom Fünf-Meter-Turm einen Vorteil verschaffen wollen.

 

Die Anfänge des Schwimmsports in (der) Nagold

 

Wer sich auf Spurensuche zu den Anfängen des Schwimmsports in Nagold begibt, der sollte da beginnen, wo es ordentlich nass ist. Genau, in der Nagold. Denn lange, bevor es in Nagold organisierten Schwimmsport gibt, wird bereits in dem Fluss geschwommen – oder zumindest gebadet. So ganz zufällig ist auch nicht der Standort des heutigen Badeparks gewählt – hier, direkt neben dem Fluss entwickeln sich auch die ersten Formen des organisierten Schwimmsports in der Stadt. Mit dem Bau des Lehrerseminars (heute bekannt als ABG) kommen in der Stadt auch erstmals Gedanken an ein Freibad auf. Doch die Verwirklichung dauert noch ein Weilchen: 1926 schließlich legt die Stadt am Fuße des Schlossbergs ihr erstes Bad an. Es ist ein Fluss-Freibad. Gebadet und geschwommen wird also in der angestauten Nagold. Noch ganz ohne Chlor, in einem Naturbad sozusagen! Doch immerhin, es gibt bereits Umkleideräume, eine Liegehalle und eine Liegewiese. Dabei wird schon beim Eintritt streng auf Trennung von männlichen und weiblichen Besuchern geachtet. 1932 baut die Stadt dann in der Nähe ein erstes 50-Meter-Becken mit Sprungbrettern und sogar einem Kinderplanschbecken.

Zwei Schwimmabteilungen in der Stadt

Und nun kommt endlich auch der VfL Nagold ins Spiel. Also fast. Denn in beiden Vorgängervereinen des VfL gründen sich 1933 Schwimmabteilungen – etwas früher wohl beim älteren Turnverein Nagold, wenige Wochen danach aber auch beim Sportverein Nagold. Schon damals ist die Rede von einem Zusammenschluss der Abteilungen. Der lässt nicht lange auf sich warten: Mit der Zwangs-Fusion der beiden Vereine im Jahr 1934 zum VfL Nagold gibt es nur noch eine Schwimmabteilung in der Stadt.