1911 - Es wird gekickt

Vom Bubensport zur Sportart Nummer eins

 

Von Heiko Hofmann

 

Das Tor mit einem Seil als Latte wirkt recht improvisiert, und das Spielfeld gleicht eher einem Acker als einem Rasen. 1911 entsteht dieses Foto. Es zeigt Nagolds erste offizielle Fußball-Mannschaft.

 

Das Bild unterscheidet sich in vielen Punkten von den zur damaligen Zeit so akkurat arrangierten offiziellen Gruppenfotos. Die strammen Jungs haben sich nicht etwa in Schale geworfen, sie wirken ein wenig geschafft – womöglich entsteht das Bild nach einem Spiel oder einer Trainingseinheit.

Das passt zum Gesamtbild jener Zeit. Denn Fußball hat einen schweren Stand. Die Sportart ist vor allem bei den tonangebenden gesellschaftlichen Bürgerkreisen alles andere als beliebt, wird auch als „Bubensport“ verunglimpft. Vor allem die Turnerschar beobachtet die Entwicklung des Fußballsports mit gemischten Gefühlen, oder sollten wir besser eifersüchtig sagen?

Doch der Fußball macht Spaß. Vor allem den Jungs. Und so ist überliefert, dass die Jugend bereits zwischen 1901 und 1903 Bekanntschaft mit dem runden Leder macht. Ein Lehrer namens Weinmann bringt den Nagolder Buben das Spiel bei. Gekickt wird auf der „Posthalterwiese“ ­- dem heutigen Schwimmbadgelände.

Doch der Siegeszug des Fußballsports lässt sich auch in Nagold nicht aufhalten. Und so kommt es 1911 zur Gründung des Fußballclubs Nagold – gegen den Widerstand vieler Nagolder. Damit ist nach Turnverein und Velo-Club der dritte sporttreibende Verein in Nagold gegründet. 1922 taufen sich die Fußballer um. Fortan nennt man sich „Sportverein Nagold“ und bietet gleich im Umbenennungsjahr auch Leichtathletik an.

1934 kommt es zum von den Nationalsozialisten vorangetriebenen Zusammenschluss mit dem Turnverein Nagold. Wobei es bereits ab 1920 Fusionspläne gibt. Zunächst lehnen die Turner einen Zusammenschluss noch ab. 1921 ist man aber gewillt, dem Antrag der Fußballer auf eine Verschmelzung der beiden Vereine zuzustimmen. Vorausgesetzt, dass alle Fußballer ab der zweiten Mannschaft abwärts sich auch zum Turnen verpflichten. Im Protokoll jener Versammlung werden aber auch die weiter bestehenden Vorbehalte gegen die Sportart Fußball deutlich. Wenn man einen echten Turnergeist in sich habe, sei es wohl nicht so leicht, sich mit dem Fußballsport anzufreunden. Letztlich sind es aber wohl Nachwuchssorgen, die den Turnverein über seinen Schatten springen lassen. „Wenn man dem Verein wieder junge Leute zuführen will“, halte man es für geboten, dem Zusammenschluss „wohlwollend gegenüber zu stehen“.

Letztlich sind das wohl noch zu viele Vorbehalte. Jedenfalls kommt es 1921 noch nicht zur Vereinigung. Dafür 1922 zur Umbenennung des FCN in den Sportverein Nagold, und der damit einhergehenden Gründung der Abteilung Leichtathletik, die damit in diesem Jahr ebenfalls ein stolzes Jubiläum feiert.

 

 

(Quelle: Sport- und Stadtgeschichte Nagold / Archiv VfL Nagold)