1903 - Die neue Fahne

Von Heiko Hofmann

 

Es ist der 9. August 1903: Ein großer Tag für den Turnverein Nagold. Denn an diesem Sonntag steht die Fahnenweihe des Vereins an – ein echtes Großereignis in jenen Jahren. Ein Gauturnfest wird in Nagold gefeiert. Und am Abend gibt es noch einen großen Festball. 

Die gesamte »Einwohnerschaft« ist im Vorfeld »höflichst gebeten« worden, die Häuser zu »beflaggen und zu schmücken«. Und natürlich darf zu solch einem Anlass ein offizielles Erinnerungsfoto nicht fehlen. Und so entsteht eines der schicksten Gruppenfotos aus dem VfL-Archiv, das die Mitglieder des Turnvereins an dem großen Festtag 9. August 1903 zeigt. Mit auf dem Bild - natürlich die neue Fahne!

Aus heutiger Sicht aber mindestens ebenso bedeutsam: Es ist das erste überlieferte Turnerbild, das Männer und Frauen zeigt. Offiziell gegründet wurde die Damen-Riege in dem Nagolder Verein ebenfalls 1903 – wenn auch erst einige Wochen später. Und so ist es sehr wahrscheinlich, dass die Frauen –  noch –  keine aktiven Vereinsmitglieder sondern so genannte »Festdamen« sind. 

Doch zurück zum Hauptakteur des Fotos - der Fahne. Die neue Fahne ersetzt jene aus dem Jahr 1848, die als nicht mehr reparabel gilt, und als »von der Bürgerwehr stammend« bezeichnet wird. Es scheint auch nie ganz geklärt worden zu sein, wem denn nun eigentlich, die alte Fahne wirklich gehört – der Stadt oder dem Turnverein? Also entschließt man sich bereits 1898 zur Finanzierung der neuen Fahne unter anderem einen Fond einzurichten. Startkapital: 22 Mark und ein paar Zerquetschte. Da das angelegte und verzinste Guthaben aber nicht reicht, veranstaltet der Turnverein später auch noch eine Hauskollekte – alles für eine neue Fahne!

Und was steht auf der Fahne geschrieben? »Frisch, fromm, froh, frei« in den Ecken. Und auch der Leitspruch der alten Fahne wird übernommen: »Wer seinen Köper stählt, pflegt seine Seele.« Auf der anderen Seite ist das Gründungsjahr des Vereins 1847 und das Jahr der Fahnenweihe 1903 angegeben, zudem steht natürlich in prachtvollen Lettern »Turnverein Nagold« auf der Fahne, und in der Mitte befindet sich das von einem Eichenkranz umsäumte Logo der Turnbewegung – ein aus den vier F (von »frisch, fromm, froh, frei«) geformtes Turnerkreuz.

Noch eine kleine Fahnen-Anekdote am Rande: Die Vereinsfahne zu tragen ist natürlich eine große Ehre. Und offensichtlich bedarf es auch gewisser äußerlicher Voraussetzungen. Aus dem Jahr 1891 ist unter anderem jener Beschluss der Generalversammlung überliefert: »Dem Fahnenträger Hauser wird (…) zur Auflage gemacht, sich einen Vollbart wachsen zu lassen.«

 

Quelle: Sport- und Stadtgeschichte Nagold / Wikipedia / Archiv VfL Nagold